Polizisten setzten in den vergangenen Monaten auf zahlreichen Demonstrationen gegen die Corona-Maßnahmen Pfefferspray ein. Betroffen sind unter Umständen auch Menschen, die sich im Freien aufhalten, aber bestimmte Auflagen nicht beachtet haben. So wird zum Beispiel die Anzahl der Menschen, die sich gleichzeitig an einem Ort aufhalten, durch Verordnungen beschränkt. Diese Anordnungen sind zwar nicht durch die Verfassungen demokratisch regierter Länder gedeckt, wonach das Versammlungsrecht zu den Grundrechten zählt, aber von den meisten Parlamenten Europas geduldet. Es ist also möglich, dass Sie als Teilnehmer einer Demonstration, aber ebenso als Beobachter von Reizgasen getroffen werden.
So setzte die Polizei zum Beispiel im Januar in Berlin anlässlich einer Demonstration zum Gedenken an die Ermordung Rosa Luxemburgs und Karl Liebknechts Pfefferspray ein, weil die Mindestabstände nicht eingehalten wurden. Am 20.03.2021 griffen Polizisten Teilnehmer einer Demonstration mit mehr als 20.000 Menschen in Kassel mit Wasserwerfern, Schlagstöcken und Pfefferspray an. In Hildburghausen (rund 12.000 Einwohner) ging die Polizei mit Pfefferspray gegen Hunderte Menschen mit Pfefferspray vor. Sie hatten an einem nicht genehmigten Protestmarsch gegen den verhängten Lockdown teilgenommen. Die Polizei habe Pfefferspray einsetzen müssen, um Gruppen zu trennen, heißt es.
Pfeffersprays sind Reizstoffsprühgeräte, die zur Selbstverteidigung bzw. zur Gefahrenabwehr verwendet werden. Durch ihren Einsatz sollen Personen oder Tiere auf Distanz gehalten und gegebenenfalls in ihrer Handlungsfähigkeit eingeschränkt werden. Hierzu wird ein gelöster Reizstoff eingesetzt, der über eine Sprühdose als Sprühnebel bzw. -strahl freigesetzt werden kann. (Wissenschaftliche Dienste).
Der Wirkstoff im Pfefferspray heißt Oleoresin Capsicum (OC) und wird aus Capsaicin, einem Extrakt aus Chilipflanzen, gewonnen. Er ist außerordentlich schmerzhaft und wirkt sich auf Augen, Atmung und Haut aus. Die Wirkung tritt sofort oder innerhalb weniger Sekunden ein.
Die Wirkung des Pfeffersprays
WICHTIG: Falls Sie mit Pfefferspray kontaminiert wurden (vor allem im Gesicht) verreiben Sie das Spray NICHT auf der betroffenen Stelle. Sie können damit die Symptome nicht wegwischen oder stoppen.
In den Spraydosen ist kein reines Capsaicin, sondern Oleoresin Capiscum enthalten – ein Extrakt aus Paprika, Chilis oder Cayenne-Pfeffer. Sie alle zählen zu den Capiscum-Früchten. Der Wirkstoff wird meist in Alkohol gelöst und dann mit Wasser vermischt. Mit dem Stoff kann man einen Menschen kurzfristig außer Gefecht setzen.
Mit Pfefferspray kann man einen Menschen ernsthaft verletzen. Das sollten sich auch diejenigen klarmachen, die sich Pfefferspray, das in kleinen Dosen zur Selbstverteidigung angeboten wird, zulegen. Capsaicin verursacht ein schmerzhaftes Brennen auf der Haut und in den Augen, Bindehautschwellung sowie Tränenfluss. Die Wirkungen klingen zwar in der Regel nach einer oder mehreren Stunden ab, manchmal aber bleiben Hornhautentzündungen über Wochen oder Monate bestehen. In den Atemwegen reizt das Spray die Nervenendigungen in der Bronchialmuskulatur, so dass sich die Muskeln dort zusammenziehen. Das führt zu Hustenreiz, Hustenanfällen oder auch Atemnot – je nachdem, wie viel Pfefferspray in die Atemwege gelangt.
Ein direkter Kontakt mit Pfefferspray kann schwere Schleimhautreizungen in den Atemwegen und Augen verursachen und insbesondere für Asthmatiker lebensbedrohlich sein. Davor warnen die Lungenärzte des Bundesverbands der Pneumologen (BdP). Im schlimmsten Fall kann es bei Asthmatikern zum Atemstillstand kommen. Manche Menschen geraten überdies in Panik oder fühlen sich orientierungslos.
Generell besteht bei gebrechlichen Personen, wie Asthmatikern und Menschen unter Drogeneinfluss, Lebensgefahr. Eine labile Blutdrucklage oder arterieller Bluthochdruck kann zu massiven Kreislaufbeschwerden führen.
Wie lässt sich eine mit Pfefferspray betroffene Körperstelle am besten behandeln?
WICHTIG: Es gibt kein direktes Gegenmittel gegen Pfefferspray. “Es gibt nichts, was man anwenden könnte, was die Schmerzen des Pfeffersprays sofort beseitigt… Das einzige was effektiv und mit Sicherheit hilft ist die Zeit.”
Erste Hilfe für die Haut
Erste Hilfe ist dennoch möglich, wenn man mit Pfefferspray in Berührung gekommen ist. Die erste Hilfe dient hauptsächlich dazu, um das in Pfeffersprays enthaltene Oleoresin Capsicum (OC) und dessen Wirkstoff Capsaicin so gut wie möglich von den kontaminierten Stellen zu entfernen. Zunächst sollten mit einem Taschentuch vorsichtig die sichtbaren Pfeffersprayspuren von Stirn und Wangen getupft werden (Nicht reiben!). Der entscheidende Fakt ist, dass OC fettlöslich und NICHT wasserlöslich ist.
Damit die Substanz nicht noch tiefer in die Haut eindringt, sollte das Reiben und Kratzen unbedingt vermieden werden. Es sollte unbedingt darauf geachtet werden, dass nichts in die Augen gerät. Dem Betroffenen kann man helfen, indem man ihm ein Tuch zum Nase putzen und einen Schluck Wasser zum Ausspülen des Mundes (Nicht runterschlucken!) gibt. Das Ziel ist, das Pfefferspray soweit möglich von der Haut zu entfernen und die Schmerzen so gut es geht zu lindern. Innerhalb einer knappen Stunde sollten die Symptome bei den Betroffenen abklingen. Jedem ist es zu empfehlen nach dem Kontakt mit Pfefferspray einen Arzt aufzusuchen.
Die detaillierteren Ratschläge von Fachleuten sind extrem unterschiedlich. Da Capsaicin fett- und nicht wasserlöslich ist, hilft das Abwaschen zuerst mit Wasser nur wenig. Dennoch lautet die Empfehlung vielfach:
Reizungen der Augen oder der Haut, die sehr schmerzhaft sein können, sollten am besten sofort mit sehr viel fließendem kalten Wasser aus- bzw. abgewaschen werden. So lautet die Empfehlung zahlreicher Experten. “Kaltes Wasser verschließt die Poren und verhindert so ein weiteres Eindringen des Reizstoffes. Trotz möglichem Juckreiz sollten Betroffene die mit dem Reizgas in Kontakt gekommenen Stellen keinesfalls durch Reiben weiter reizen. Falls Reizgas in den Rachen eingedrungen sein sollte, ist die Atmung des Betroffenen zu beobachten und gegebenenfalls der Rettungsdienst zu rufen, da es zu einem Zuschwellen der Atemwege kommen kann. Wer Atemnot hat, sollte am besten so schnell wie möglich einen Arzt aufsuchen.”
Wichtiger Hinweis!
Bitte kontaktieren Sie im Ernstfall zur Pfefferspray Behandlung direkt die Notrufnummer 112 für Feuerwehr und Rettungsdienst an, wenn sich jemand in einer akuten, potenziell sogar lebensbedrohlichen Notlage befindet. Sie ist in ganz Europa kostenfrei erreichbar, auch vom Mobiltelefon, selbst ohne Mobilfunknetz.
Einigkeit unter den Experten besteht in der Frage, dass unter keinen Umständen Salben oder Cremes aufgetragen werden dürfen. Uneinigkeit besteht in der Frage, ob Seife oder entsprechende Shampoos verwendet werden dürfen. pfefferspray-swiss.ch dagegen empfiehlt als einfachste und damit beste Variante, um OC von den betroffenen Körperstellen zu lösen, die Verwendung einer milden Seife. Babyshampoo eigne sich hierzu perfekt. Pflanzenöl, Milch oder Alkohol (Ethanol) können OC von den betroffenen Körperstellen lösen, Wasser ist zu diesem Zweck am schlechtesten geeignet. “Wenn dann sollte reines, kaltes Wasser in sehr großen Mengen über einen langen Zeitraum angewendet werden, beispielsweise mit einem Gartenschlauch über 30 Minuten hinweg.”
pfefferspray-swiss.ch beschreibt ausführlich einen Vorschlag zur Behandlung des Gesichts:
Wenn Ihr Gesicht kontaminiert wurde, verwenden Sie ein Gefäß welches groß und tief genug ist um Ihr Gesicht komplett einzutauchen. Tauchen Sie ihr Gesicht jeweils 10 bis 15 Sekunden in die Mischung. Damit kann die Mischung seine Wirkung entfalten und somit das Capsaicin von Ihrem Gesicht lösen.
Benutzen Sie zu Beginn nicht Ihre Hände oder ein Tuch um nachzuhelfen. Lassen Sie die Mischung einfach einwirken. Nachdem Sie dies einige Male getan haben können Sie anfangen mit Ihren Händen oder einem Tuch die Mischung einzureiben. Tauchen Sie dazu zuvor Ihre Hände in die Mischung oder benutzen Sie ein mit der Lösung vollgesaugtes Handtuch. Zu Beginn wird dies höchstwahrscheinlich schmerzen, versuchen Sie die Ruhe zu bewahren und gedulden Sie sich.
Mischen Sie 25% Babyshampoo mit 75% kaltem Wasser. Wir empfehlen Ihnen vier Liter oder mehr von dieser Mischung herzustellen, denn Sie werden die betroffene Stelle mindestens sieben bis acht Mal waschen müssen.
Normalerweise dauert eine Dekontamination von Pfefferspray rund 15 bis 45 Minuten, bevor die Symptome nachlassen. Die Erholung hängt dabei stark von Ihrem Hauttyp ab.
Sobald Sie wieder in Ihr Gesicht fassen können, ohne allzu große Schmerzen, können Sie die Mischung mit etwas mehr Druck einarbeiten. Spülen Sie dabei Ihr Gesicht zwischen den Einarbeitungsphasen ab. Allenfalls macht es Sinn, nochmals eine neue Mischung herzustellen, damit Sie keine Capsaicin-Rückstände einarbeiten.
Erste Hilfe für die Augen
Bei einem Augenkontakt sollte nur mit fließendem Wasser ausgiebig gespült werden. Im Notfallzentrum des Universitätsklinikums Freiburg versuchen die Ärzte durch fließendes, lauwarmes Wasser die betroffenen Stellen inklusive der Augen zu reinigen, erklärt Prof. Dr. Hans-Jörg Busch, Ärztlicher Leiter des Notfallzentrums.
Eine Spülung mit isotonischen Kochsalzlösung – falls zur Hand – ei schonender als mit Wasser, erklären wiederum andere Experten. Ihr Rat: Spülen Sie von der Nase weg, damit der Pfeffer nicht in das andere Auge oder über die Tränenkanälchen in die Nase gelangt. Kontaktlinsen, falls vorhanden, sollten möglichst bald entfernt werden.
Sollten einige Stunden nach der Spülung wieder Schmerzen im Bereich der Augen auftreten, kann eine Hornhautverletzung vorliegen. Auf jeden Fall einen Augenarzt aufsuchen.
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Video: “Brüssel: Polizei treibt Feiernde mit Tränengas auseinander | AFP”, 2. April https://www.youtube.com/watch?v=_bM2nDKDAtA
Pfefferspray zur Selbstverteidigung
Pfefferspray ist freiverkäuflich. Rechtlich gesehen ist eine Anwendung gegenüber Menschen nur bei Vorliegen einer Notlage und einem rechtswidrigen Angriff als Notwehr erlaubt. Pfeffersprays zum Einsatz gegen Menschen sind sogenannte Reizstoffsprühgeräte und damit Waffen im Sinne des Waffengesetzes.
Um die rechtliche Einstufung als Waffe und damit Prüfung und Bestimmungen nach dem Waffengesetz (etwa Reichweitenbegrenzung auf 2 m) in Deutschland zu umgehen, ist auf vielen Abwehrsprays der Hinweis „Nur zur Tierabwehr“ (oder vergleichbar) aufgedruckt.
Ein Ausrüster für die Polizei weist darauf hin: “Ungeachtet dessen ist das Führen von Tierabwehrsprays bei Versammlungen, die unter das Versammlungsgesetz fallen, sowie auf dem Weg dorthin ein Verstoß gegen § 27 Abs. 1 Versammlungsgesetz, wenn sie ihrer Art nach zur Verletzung von Personen oder Beschädigung von Sachen geeignet und bestimmt sind. Der Einsatz von Pfefferspray gegen einen Menschen erfüllt grundsätzlich den Tatbestand der gefährlichen Körperverletzung. Wie bei allen Waffen entfällt die Strafbarkeit, wenn ein Rechtfertigungsgrund wie Notwehr vorliegt. Beides ist unabhängig davon, ob das Pfefferspray bestimmungsgemäß als Waffe zugelassen ist oder nur zur Tierabwehr eingesetzt werden soll.”